Berggebiet

Zur Erdgeschichte der Albiskette

Buechhoger, Uetliberg und Albiskette mit dem Reppischtal, einer eiszeitlichen Schmelzwasserrinne, und dem Gletscherzungenbecken von Wettswil.

Autor: René Hantke

 

Die Deckenschotterkappe des Uetlibergs

Nach der Nagelfluhschüttung folgte im Albisgebiet lange Zeit keine Ablagerung. Am Albishorn und am Üetliberg stellen sich darüber Kappen von randlich zementiertem, von Klüften durchsetztem Deckenschotter ein. A. Escher nannte diesen, aufgrund seiner Ausbildung, löcherige Nagelfluh. Ihr Geröllinhalt unterscheidet sich von der liegenden Molasse-Nagelfluh. Neben den aus ihr aufgearbeiteten Gerölltypen kamen weitere hinzu: aus den helvetischen Kalkalpen (Ilanzer und Glarner Verrucano, Melser Sandstein, Röti-Dolomit, Lias-Kalke und -Sandsteine, Eisensandsteine und Spatkalke aus dem Dogger, Malm- und Kreidekalke, grüne Assilinen-Sandkalke, Taveyannaz-Sandstein), aus dem Flysch (Ölquarzite, glaukonitische Sandkalke, Siltsteine, helle dichte Kalke), aus den Zentralschweizer Klippen (vorab Malmkalke) und aus der Molasse (Nagelfluh und marine Sandsteine), was bereits R. Frei 1912 feststellte. Beim Abtrag einer Deckenschotterzunge auf dem Üetliberg trat darunter ein erratischer Nagelfluhblock zutage, der auf echter Grundmoräne mit gekritzten und polierten Geschieben lag. Folglich muss der Deckenschotterzeit eine ältere Eiszeit vorausgegangen sein, bei der die Gletscher über den Uetliberg hinaus ins Mittelland vorgestossen sein müssen, was seit der Ablagerung der Molasse eine bedeutende Klimaänderung belegt.

Zur Tal- und Reliefgeschichte

(Teilauszug: Zur Erdgeschichte der Albiskette)

Literaturhinweise:

  • René Hantke: Autor
  • A. Heim (1891): Geologische Kartenskizze des Uetlibergs, und Längsprofil durch den Gipfelgrat des Uetlibergs.

Wir danken dem Orell Füssli Verlag, Zürich für die Erlaubnis zur Veröffentlichung im Internet. Die Beiträge sind in gekürzter Fassung wiedergegeben. Für die vollständigen Beiträge verweisen wir auf das Buch «Der Uetliberg », erschienen im Orell Füssli Verlag, Zürich. Copyright © 1984 by Orell Füssli Verlag, Zürich. Alle Rechte vorbehalten.

Bildnachweis:

  • E.Baumann
  • Willy Furter
  • Laszlo Irmes
  • Max Pichler
  • Schweizerisches Landesmuseum
  • Stiftung f. d. Erforschung des Uetlibergs
  • Swissair Photo + Vermessungen AG
  • Sihltal Zürich Üetliberg Bahn SZU

Die Molasse der nördlichen Albiskette

Schon Arnold Escher von der Linth (1844) und 0. Heer (1859, 1862, 1865) lieferten erste Ergebnisse zur Geologie und Paläontologie des Albis und des Uetlibergs. Aufgrund der zwischen Albispass und Türlersee in 760 Metern Höhe aufgefunden fossilen Flora mit Populus balsamoides und P.latior, zwei exotischen Pappelarten, Myrica (Wachsbeerbaum), Platane, Persea princeps (Avocado), Cinnamomum polymorphum (Kampferbaum), Diospyros brachysepala (Kaki), Andromeda revoluta (Rosmarinheide), Viburnum tribolatum (ein Schneeball, aber wohl Liquidambar europaea, Amberbaum), Cornus (Hornstrauch) sowie Lastrea = Pronephrium stiriacum (ein Farn) erkannten die beiden, dass die von Escher als Albisschichten bezeichnete Obere Süsswassermolasse ins Miozän zu stellen ist.

Schon Arnold Escher von der Linth (1844) und 0. Heer (1859, 1862, 1865) lieferten erste Ergebnisse zur Geologie und Paläontologie des Albis und des Uetlibergs. Aufgrund der zwischen Albispass und Türlersee in 760 Metern Höhe aufgefunden fossilen Flora mit Populus balsamoides und P.latior, zwei exotischen Pappelarten, Myrica (Wachsbeerbaum), Platane, Persea princeps (Avocado), Cinnamomum polymorphum (Kampferbaum), Diospyros brachysepala (Kaki), Andromeda revoluta (Rosmarinheide), Viburnum tribolatum (ein Schneeball, aber wohl Liquidambar europaea, Amberbaum), Cornus (Hornstrauch) sowie Lastrea = Pronephrium stiriacum (ein Farn) erkannten die beiden, dass die von Escher als Albisschichten bezeichnete Obere Süsswassermolasse ins Miozän zu stellen ist.

Aus der Übereinstimmung mit den Floren der Oehninger Fundstellen am Untersee schloss Heer, dass diese sich gleichzeitig und unter ähnlichem Klima entfaltet haben. Von Oehningen sind neben zahllosen Pflanzenresten, die paläoklimatische Aussagen erlauben, auch berühmte Funde von Tierresten bekannt geworden. Während Heer die Flora noch als subtropisch betrachtete, ist sie heute (Hantke 1954,1980,1984) eher als solche eines warm-gemässigten Klimas zu bezeichnen. Neben einer generellen Abkühlung im Lauf des Miozäns, zeichnen sich schon innerhalb der Oehninger Schichten, vor 15 Millionen Jahren, Klimaschwankungen von 2 bis 3 °C ab. Danach betrugen die mittleren Temperaturen 4 bis 7 °C im kältesten und 22 bis 24 °C im wärmsten Monat. Das Jahresmittel lag zwischen 14 und 16 °C bei Niederschlagsmengen von 1300 bis 1400 Millimetern im Jahr im Albisgebiet, während die mittleren Temperaturen, infolge der damals um 50 bis 100 Meter höheren Lage, um 1 °C tiefer gelegen haben dürften.

Einen guten Einblick in die über 300 Meter mächtige Sedimentabfolge des Uetlibergs vermittelt das Profil der Falätschen und seiner Fortsetzung im Rütschlibach (N. Pavoni 1952,1957). Darin herrschen Mergel mit 46 bis 48% und Mergel-Sandsteine mit 27% vor. Knauer-Sandsteine treten zurück, und Nagelfluhbänke erscheinen erst zuoberst. In 530 Metern Höhe fand schon Escher (in A. Wettstein, 1885) verschwemmte Landschnecken (Cepaea silvana), noch mit ihrer braunen Längszeichnung, Pavoni in 593 Metern in roten Mergeln einen Unterkiefer von Palaeomeryx, einem hirschartigen Tier, und in 695 Metern in einem feinkörnigen Sandstein einen Blattrest von Platanus aceroides (Platane). Leider konnten dort seither keine Fossilien mehr gefunden werden (K. A. Hünermann, mdl. Mitt.).

Auf der Westseite des Buechhogers entdeckte H. Stauber, zusammen mit schlecht erhaltenen Schnecken Heliciden Limnaeen -, Anodonta flabellata (Teichmuschel sowie Pflanzenresten, vor allem Lorbeergewächsen der Gattung Cinnamomum, Krokodil- und Säugerzähnen, auf 570 Metern den Panzer einer Riesenschildkröte, in der B. Peyer (1942) eine Testudo vitodurana erkannte.

Zwischen Falätschen und Uetliberg sind über mergeligen Sandsteinen von 770 bis gegen 845 Metern Nagelfluhschüttungen mit Sandstein-, Mergel- und Knollenkalk-Lagen abgelagert worden.

Unter 2394 Geröllen zählte C. Escher-Hess (1907) am Üetliberg 24,4% Kalksteine, 62,2% Dolomite, 3,3% Radiolarite, 1,5% Quarzite, 1,7% rötliche Granite, 0,4% Gneise, 0,5% Quarzporphyre, 2,6% Grüngesteine, Spilite, Diabase und Serpentinite sowie 0,4% ostalpine Buntsandsteine; 3% waren unbestimmbar. Unter den Kalken erkannte er ostalpinen Muschelkalk, Partnachschichten, Arlbergkalk, Raiblerschichten, Spongienkalke, Nummulitenkalk und gelbraunen, organismenreichen Sandkalk. Aufgrund des Geröllinhalts der Nagelfluhen mit ihren für die Molasse typischen, durch Drucklösung entstandenen Eindrücken (J. Früh 1888, Escher-Hess und J. Speck 1953) erweist sich die Albiskette als südwestlichster Ausläufer des Hörnli-Fächers. Dieser wurde vom Ur-Rhein geschüttet, der seit dem mittleren Miozän sämtliche Bündner Quelläste aufgenommen und im östlichen Mittelland einen äusserst flachen Schwemmfächer aufgebaut hatte (R. Staub 1934, E Hofmann 1960, R. Hantke 1984).

Vom Uetliberg bis über die Falätschen hinaus liegen die Molasseschichten sehr flach. Über eine Strecke von 3,5 Kilometern beträgt der Höhenunterschied kaum zehn Meter. Dabei verläuft die Muldenachse etwa zwei Kilometer südlich des Uetlibergs und fällt mit wenigen Promille gegen Westsüdwesten ein. Weiter südlich, gegen das Käpfnach-Grüningen-Gewölbe hin, steigen die Abfolgen erst leicht, mit 1,5 bis 2%, dann, bis zur Gewölbeachse bei Sihlbrugg-Station, etwas steiler an. Vom Uetliberg heben sich die Schichten auch gegen Nordwesten leicht heraus, im Gebiet der Waldegg mit 2,5 bis 4% (Pavoni 1957).

Heim deutete den Südabfall des Käpfnach-Grüningen-Gewölbes als fluvial entstandene rückläufige Terrassen. E. Brückner (in A. Penck & Brückner 1909) erkannte darin jedoch eine eisüberprägte Molassestruktur, was Heim als «Irrlehre» abtat, doch konnten T. Zingg (1934) und Pavoni (1953, 1957) beim Kartieren die Deutung Brückners bestätigen.

Die Deckenschotterkappe des Uetlibergs

Nach der Nagelfluhschüttung folgte im Albisgebiet lange Zeit keine Ablagerung. Am Albishorn und am Üetliberg stellen sich darüber Kappen von randlich zementiertem, von Klüften durchsetztem Deckenschotter ein. A. Escher nannte diesen, aufgrund seiner Ausbildung, löcherige Nagelfluh. Ihr Geröllinhalt unterscheidet sich von der liegenden Molasse-Nagelfluh. Neben den aus ihr aufgearbeiteten Gerölltypen kamen weitere hinzu: aus den helvetischen Kalkalpen (Ilanzer und Glarner Verrucano, Melser Sandstein, Röti-Dolomit, Lias-Kalke und -Sandsteine, Eisensandsteine und Spatkalke aus dem Dogger, Malm- und Kreidekalke, grüne Assilinen-Sandkalke, Taveyannaz-Sandstein), aus dem Flysch (Ölquarzite, glaukonitische Sandkalke, Siltsteine, helle dichte Kalke), aus den Zentralschweizer Klippen (vorab Malmkalke) und aus der Molasse (Nagelfluh und marine Sandsteine), was bereits R. Frei 1912 feststellte. Beim Abtrag einer Deckenschotterzunge auf dem Üetliberg trat darunter ein erratischer Nagelfluhblock zutage, der auf echter Grundmoräne mit gekritzten und polierten Geschieben lag. Folglich muss der Deckenschotterzeit eine ältere Eiszeit vorausgegangen sein, bei der die Gletscher über den Uetliberg hinaus ins Mittelland vorgestossen sein müssen, was seit der Ablagerung der Molasse eine bedeutende Klimaänderung belegt.

Auf der Westseite der Deckenschotterkappe deuten gegen Nordosten eingeregelte Gerölle auf eine Schüttung durch eisrandnahe Schmelzwässer. Durch karbonatreiches Bindemittel verfestigte Partien mit fehlender Einregelung sind als aufgearbeitetes und weiterverfrachtetes Moränengut zu deuten. Die gegen oben sich abzeichnende Zunahme der Geröllgrösse bekundet ein erneutes Herannahen des Eises. Die höchsten Geschiebe sind teils geradezu als Findlinge anzusprechen. Da den durch gekritzte Geschiebe und eingelagertes Moränengut gekennzeichneten Deckenschottern Fossilien fehlen und auch die liegende Moräne nur aufgearbeitete Pinus (= Föhren)-Pollen enthält, sind sie ebenfalls kühlzeitlich, doch steht ihr genaues Alter innerhalb der Kaltzeitenfolge noch offen. Aufgrund der relativen Höhenlage und der etwas andern Zusammensetzung werden die Schotter vom Albishorn und vom Uetliberg als höherer Deckenschotter der Günz-, die auf einem tieferen Niveau der Molasse aufliegenden tieferen Vorkommen der Mindel-Eiszeit zugewiesen.

Zur Tal- und Reliefgeschichte

Aufgrund der beobachtbaren Fakten haben Heim (1891, 1894, 1914) und H. Suter (1956) versucht, eine Landschaftsgeschichte von Albis und Uetliberg zu skizzieren. Dabei stellten sie sich vor, dass nach der Ablagerung der oberen Süsswassermolasse eine Hebung dieses Sedimentationsbeckens von gegen 1000 Metern stattgefunden hatte. Diese betrug effektiv nur etwa die Hälfte. Ein kleiner Teil ist auf ein Absinken des Meeresspiegels zurückzuführen, ein grösserer ist bedingt durch die Aufschüttung der über 800 Meter, im Schüttungszentrum gar bis über 1200 Meter mächtigen oberen Süsswassermolasse. Wie aus der Aqui-Bohrung hervorgeht, liegt die Grenze obere Meeres-/obere Süsswassermolasse in Zürich heute auf 116,5 m ü.M. (U. P Büchi, mdl. Mitt.). Zu Beginn einer ersten Kaltzeit, der Günz-Eiszeit, wären, nach Heim und Suter, Grundmoräne und höherer Deckenschotter auf sanft durchtalter, von 1500 Metern gegen den Jura hin auf 600 Meter abfallender Hochebene abgelagert worden. Die Schotterreste auf Albis, Uetliberg, Altberg, Egg und Irchel betrachteten sie als günzzeitliche Talfüllungen. In einer ersten Zwischeneiszeit hätte eine erste Talbildung eingesetzt. Dabei wären bei einer Flusserosion 50 bis 130 Meter breite Talrinnen entstanden. In einer nächsten Kaltzeit, der Mindel-Eiszeit, wären auf tieferen Molasse-Talböden erneut Moräne und Schotter abgelagert worden. Dabei wären die Gletscher wieder in mehreren Schüben weit ins Mittelland vorgestossen. Die vor ihren Stirnen geschütteten Schotter wären zu tieferem Deckenschotter verkittet worden, von dem sich um Zürich Reste auf dem Zürichberg, dem Gubrist und auf der Hasleren erhalten hätten (Suter 1944, Hantke et coll. 1967).

In einer nächsten Zwischeneiszeit mit weiterer Eintiefung um 50 bis 100 Meter hätten sich die heutigen Talanlagen ausgebildet. Nach kurzem Eisvorstoss in einer Riss-l-Eiszeit wären vorab am Alpenrand wiederum Grundmoräne und Schotter abgelagert worden, zwischen Hirzel und Sihlbrugg der Chälenholz-Schotter. A. Aeppli (1894) und Heim (1894) deuteten diesen zunächst noch als nach der Alpenfaltung rückgesenkten Deckenschotter, später (Heim 1919, 1932) als Hochterrassenschotter. Erst in der dritten, einer längeren Zwischeneiszeit, nach einer Tiefenerosion von 50 bis 100 Metern (?), wären die tiefsten Felsrinnen entstanden.

Dass jedoch die Eintiefung der Linthebene und damit der Zürichseetalung bis auf die heutige Felssohle schon recht früh erfolgt sein muss, wird durch Pollenabfolgen des Holstein(= Mindel/Riss)-Interglazials in Seetonen der Schotterfluren an der Südseite des Buechbergs und am Nordrand der Linthebene belegt (M. Welten 1982). Damit fällt die Eintiefung in eine weit frühere Zeit als sich dies Heim vorgestellt und mit «Beweisen» glaubhaft zu machen versucht hatte. Zugleich rücken Entstehung und Alter der Deckenschotter in ein neues Licht. Diese wurden offenbar von frontal und seitlich austretenden, bereits in Tälern fliessenden Gletschern geschüttet.

(Teilauszug: Zur Erdgeschichte der Albiskette)

Literaturhinweise:

  • René Hantke: Autor
  • A. Heim (1891): Geologische Kartenskizze des Uetlibergs, und Längsprofil durch den Gipfelgrat des Uetlibergs.

Wir danken dem Orell Füssli Verlag, Zürich für die Erlaubnis zur Veröffentlichung im Internet. Die Beiträge sind in gekürzter Fassung wiedergegeben. Für die vollständigen Beiträge verweisen wir auf das Buch «Der Uetliberg », erschienen im Orell Füssli Verlag, Zürich. Copyright © 1984 by Orell Füssli Verlag, Zürich. Alle Rechte vorbehalten.

Bildnachweis:

  • E.Baumann
  • Willy Furter
  • Laszlo Irmes
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